April 2019

Ist die Diesel-Dämmerung noch zu stoppen?

In immer mehr deutschen Städten müssen sich die Gerichte mit der Forderung nach Fahrverboten für Dieselfahrzeuge befassen. Die einst hochgepriesene Dieseltechnologie wird pauschal diskriminiert, die Dieselfahrzeuge verlieren massiv an Wert und der Dieselfahrer selbst kommt bald vielleicht nur noch autofrei in seine Innenstadt.
Wie konnte es dazu kommen? Und was soll daraus werden?

Der Diesel unter Dauerbeschuss

Zunächst ein kleiner Rückblick: Als die EU 2010 eine Verschärfung der Grenzwerte für eine bessere Luftqualität beschloss, war vielen Beobachtern klar, dass die Stickstoffdioxid-Grenzwerte in den Städten nicht so ohne Weiteres einzuhalten waren. Doch darauf passierte erst einmal – fast nichts.

Als dann durch die Betrügereien bei VW der Dieselmotor in den Fokus der Öffentlichkeit geraten war, sahen die Robin Hoods der reinen Luft, die „Deutsche Umwelthilfe e. V.“, ihre Chance gekommen: Man überzog die großen Städte mit Klagen wegen Überschreitung des Stickstoffdioxid-Grenzwertes. Und man jagte den arglosen Dieselfahrern Angst und Schrecken ein. Ein gerichtlich verordnetes Fahrverbot folgte aufs andere.

Inzwischen ist die Diskussion um die richtigen Grenzwerte ziemlich aus den Fugen geraten: Die aufgeregte Öffentlichkeit schielt auf die aktuellen Grenzwerte und übersieht dabei, dass der Ausstoß von Stickstoffdioxid in den vergangenen Jahrzehnten nach und nach gesunken ist. Die Verbrennungsmotoren werden also, auf lange Sicht betrachtet, immer umweltschonender – vor allem auch der in Ungnade gefallene Diesel!

Der Kampf um die Grenzwerte ist grenzwertig

Eins ist klar: Wenn keiner mehr Auto fährt, ist die Luft am saubersten. Das kann außer ein paar radikale Anti-Auto-Aktivisten niemand ernsthaft anstreben. Was ist also das richtige Maß?
Generell gilt für die Schadstoffbelastung natürlich: je weniger, desto besser. Es gibt für Stickstoffdioxid aber keinerlei medizinische Schwellenwerte, ab denen eine Gesundheitsgefährdung mit Sicherheit völlig auszuschließen wäre. Der heute geltende Grenzwert von 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft ist sicher nicht völlig aus der Luft gegriffen, aber auch nicht unfehlbar.

Alternative Maßnahmen – endlich handeln!

Neben dem Umstand, dass alle Prognosen darauf hindeuten, dass die Stickstoffbelastung der Innenstädte auch weiterhin rückläufig sein wird, sollten alternative Maßnahmen diesen Prozess flankieren. Hier müssen die Großstädte mehr Initiative ergreifen: Wie weit ist die Umrüstung der Fahrzeugflotten der Städte und Kommunen auf umweltfreundlichere Antriebe gediehen? Wie steht es um den Ausbau von Park-and-ride-Angeboten? Wann folgen den schönen Worten zur Verbesserung des öffentlichen Nahverkehrs auch die guten Taten?

Die ökonomischen Folgen der Diesel-Fahrverbote

Der Anteil der Dieselmotoren bei Neuzulassungen ist von ca. 50 Prozent (2015) auf rund 33 Prozent gesunken. Das ist der Anfang vom Ende einer erfolgreichen deutschen Innovationsmaschine, die immer sauberer geworden ist. Darüber hinaus wird die gesamte deutsche Autoindustrie in Mitleidenschaft gezogen. Immerhin steht sie für 8 Prozent der Wirtschaftsleistung, bietet Beschäftigung für 820.000 und indirekt sogar 1,8 Mio. Menschen.

Es ist sicher richtig, dass man nicht auf jede umweltpolitische Maßgabe mit dem Arbeitsplatz-Argument zurückschlagen sollte. Aber hier stehen die Belange der Ökologie und der Ökonomie in einem krassen Missverhältnis. Es bleibt zu hoffen, dass die Diesel-Dämmerung mit guten Argumenten noch verhindert werden kann.

Ihre
Heidrun Leinenbach