April 2019

Über die Genderei an der deutschen Sprache

Erst sorgte das große „I“ für Aufsehen. Da hieß es auf einmal: Liebe MitarbeiterInnen! Kaum hatte man sich von den Augenschmerzen beim Lesen dieses scheußlichen „Binnen-I“ erholt, erschien das sogenannte „Gendersternchen“ am Horizont und grüßte uns mit: Liebe Bürger*innen! Und als gäbe es nicht schon genug Verhunzungen, trat auch noch der gendergerechte Unterstrich auf den Plan: Liebe Leser_innen!

Die Befürworter solcher Sprachungetüme argumentieren stets damit, dass sie auch in der deutschen Sprache die Gleichstellung von Mann und Frau durchsetzen wollen. Jedoch kann niemand ernsthaft versprechen, dass durch diese Verhunzung auch nur ein einziger zusätzlicher Vorstandsposten für ein Frau herausspringt. Andererseits kann jeder ahnen, was unserer Sprache der DichterInnen und Denker*innen droht, wenn es so weiter gendert.

Muss man wirklich die Schönheit unserer Kultursprache so rücksichtslos auf dem Altar des Gender-Mainstreaming opfern? Ja, meinte jedenfalls die ehemalige NRW-Landesregierung 2014 und setzte die Gender-Grätsche an den zwölf Studentenwerken des Landes an, die in Zukunft ganz geschlechtsneutral Studierendenwerke heißen mussten.

Allein der Verwaltungsrat der Aachener Vertretung bezifferte die Kosten der Umstellung auf sage und schreibe 300.000 Euro. Geht’s noch? Den Gender-Genossen ist anscheinend nicht nur die Schönheit der Sprache Goethes und Schillers egal, sondern auch der verantwortungsvolle Umgang mit öffentlichen Geldern, zumal die Studentenwerke, pardon, Studierendenwerke wahrlich Besseres zu tun hatten, als sich mit neuen Beschilderungen und Briefköpfen herumzuschlagen.

Insgesamt irritiert mich, wie viele in dem Wahn leben, dass sich die Gleichstellung ausgerechnet auf dem Wege eines mutwilligen Eingriffs in die deutsche Sprache bewerkstelligen ließe. Ich frage mich wirklich, ob da vor hundert Jahren die vielen mutigen Frauen fürs Wahlrecht und ihre Gleichstellung gekämpft haben, damit wir uns heute ernsthaft mit Binnen-I und Gendersternchen beschäftigen. Gott bewahre mich vor dem Tag, an dem ich Pressesprechende der Frauen-Union heißen müsste!

Ihre
Heidrun Leinenbach